Samstag, 6. Juni 2009

Ich gebe mich geschlagen!

So liebe Freunde, das wars.
Ich habe in Chandigarh abgebrochen, sitz jetzt in Gurgaon auf gepackten Koffern und fliege morgen nach Hause. Nach 4 Tagen auf meinem Hotelzimmer in Chandigarh, bzw. auf der Toilette meines Hotelzimmers, mit uebelsten Magen-Darm-Problemen hab ich mich dafuer entschieden, nicht mehr weiterzufahren. Da die Weiterreise nach Manali und Leh 3-4 Tage (einfach!!!) dauern wuerde und ueber halsbrecherische Passstrassen auf ueber 5000 m fuehrt und ich einfach nur im A...h bin, lass ich es jetzt bleiben.
Das gute daran: Ich habe einen Grund mehr, wieder nach Indien zu kommen...
Aber ich freue mich jetzt einfach riesig auf zu Hause. Indien war eine super Erfahrung mit unglaublich schoenen Trips und tollen Erlebnissen. Aber nach 5 Monaten hier muss ich sagen - jetzt reichts erst mal...
Das wars dann erst mal aus Indien. Bis bald!

Sonntag, 31. Mai 2009

Sign of life

Lange nix geschrieben - sorry for that - aber die letzte Zeit war doch ziemlich kurzweilig.

Was ist alles geschehen?

4 Tage verbrachte ich mit Katharina und Elisa aka Bruni ueber Ostern in Amritsar, das ganz im Westen Indiens im Bundesstaat Punjab an der Grenze zu Pakistan liegt. Dort steht das Wahrzeichen der Sikhs, der goldene Tempel. Die Athmosphaere auf diesem Gelaende ist einfach gigantisch, vor allem waehrend des Sonnenuntergangs. Ausserdem wollten wir uns die taegliche Grenzzeremonie an der pakistanischen Grenze nicht entgehen lassen. Dort pilgern taeglich Tausende Inder hin und schauen zu, wie die indische Flagge am Morgen gehisst und am Abend herabgelassen wird. Das Muskelspiel an der Grenze erinnert eher ein bisschen an die Stimmung in einem vollen Fussballstadion. Ein Typ auf der Buehne heizt die ganze Menge andauernd mit "Hindustan - Hindustan"-Rufen an und alle Inder plaerren fleissig nach. Ja, da bin ich dann als Weissbrot zwischen Tausenden schwitzenden Indern gestanden und hab recht dumm geschaut. War alles bissl schraeg...

Nach zwei Wochen brav zur Uni gehen stand dann ein Ausflug nach Dharamsala und McLeod Ganj an, bekannt fuer die Residenz und Exilregierung des Dalai Lama. Jede Menge tibetische Fluechtlinge leben hier und es ist ein sehr friedlicher und ruhiger Platz mit einer schoenen schneebedeckten Bergkulisse. Unser Ausflug war echt superlustig, was vor allem an den Teilnehmern Katharina, Ina, Fanny und Otto lag :-)

Nach unserem Trip stand dann aber erst mal der Abschluss des Semesters an. Was sein muss, muss sein... Eine Arbeit war abzugeben und drei Pruefungen zu schreiben. Unser Stimmungsbarometer ging steil nach oben als wir mit unseren Profs nach den Pruefungen ein Schwaetzchen hielten. Unsere Arbeit zaehlte "amongst the best" und auch in den Pruefungen sollte eigentlich nichts schief gelaufen sein. Und selbst wenn... in Indien liesse sich um alles feilschen...

Der Uniteil war damit abgeschlossen und Gurgaon (die einzige Millionenstadt, die glaube ich in keinem Reisefuehrer erwaehnt ist) konnten wir den Ruecken kehren. Ich machte mich fuer eine Woche alleine auf um die Wueste Rajasthans zu erkunden. Auf diesem Trip besuchte ich Jaipur, Udaipur, Jodhpur und Jaisalmer. Absolutes Highlight dieser Woche war mit Sicherheit die Kamelsafari in die Wueste, wo ich in zwei abgelegenen Wuestendoerfern mit Einheimischen gegessen habe und in den Sandduenen unter freiem Himmel geschlafen habe. Unvergessliche Momente... Das einzige, auf das ich verzichten haette koennen, waren die 50 Grad Celsius in der Wueste und bis zu 45 Grad in den Staedten.

Nach einer Woche bin ich zurueck nach Delhi, wo ich mich bei Katharina in der Wohnung einquartieren durfte fuer die Tage bis Ina und ich einen Zug nach Kalkutta ergattern konnten. Nach vier Tagen war es soweit und wir konnten uns mit etwas weniger Gehirnzellen als vorher auf den Weg zu unseren Freunden nach Kalkutta machen. Leider hatte der Monsun die selbe Idee und ein heftiger Zyklon hat ueber Kalkutta und ganz Westbengalen grosse Schaeden angerichtet. Kein gutes Zeichen fuer unseren bevorstehenden Trip in die Berge Darjeelings. Trotzdem waren wir froh, nach drei Tagen die 15 Millionen-Metropole verlassen und in die Hauptstadt des Tees aufbrechen zu koennen. Darjeeling liegt auf etwa 2200 Meter und man hat normalerweise einen Blick auf den Kanchenjunga, den drittgroessten Berg der Welt. Nach zwei enttaeuschenden Tagen in der Monsunsuppe und Regen hat sich am dritten Tag, am Tag unserer Weiterreise, in aller Fruehe ueberraschenderweise das Suedmassiv des 8000ers zeigen lassen. Ganz schoen gross, dat Ding... der Trip nach Darjeeling hat sich auf einmal voll ausgezahlt. Am selben Tag ging es weiter zu Rajas Cousin, der Manager einer Teeplantage ist und ein traumhaftes Haus auf den Huegeln mitten in den Teegaerten hat. 3 Tage wohnten wir in dieser ruhigen Gegend, wurden bekocht, tranken jeden Tag frischen Tee aus dem Garten und hatten jede Menge Spass mit den Indern. Diese Tage waren einfach nur der Hammer.

Meine urspruenglich geplante Weiterreise zum Trekken nach Sikkim habe ich an den Nagel gehaengt, da der Monsun bereits eingesetzt hat und viele Strassen aufgrund von Erdrutschen unpassierbar sind und deshalb Trekken nicht unbedingt zu den sichersten Beschaeftigungen zaehlt. Ich bin deshalb in der letzten Nacht zurueck nach Kalkutta gefahren, wo ich gerade in einem Internetcafe sitze. Ab hier trennen sich die Wege. Ina fliegt weiter nach Kathmandu, Raja und Babu bleiben in Kalkutta und ich werde am Nachmittag noch in den "Schnellzug" nach Delhi einsteigen. Dort hoffe ich dann, morgen gleich einen Anschlusszug nach Chandigarh zu bekommen, wo ich eventuell noch einen Studienkollegen besuche. Nach maximal 1 - 2 Tagen werde ich aber auch schon wieder weiterfahren. Wohin genau, werde ich die naechsten Tage entscheiden. Klimatechnisch kommen nicht sehr viele Orte in Frage, da es entweder zu heiss ist oder der Monsun schon wuetet. Mein Wunschplan waere, nach Manali zu fahren und von dort einen Bus nach Leh zu bekommen. Leh liegt auf ca. 3500 Meter in den Bergen Ladakhs im oestlichen Kashmir und gehoert zu den besten Trekkingspots in Indien.

Mal sehen, wo es mich hinverschlaegt. 29 Tage hab ich noch, also viel zu tun...

Fotos gibt es leider keine momentan, da der PC hier eher von der langsamen Sorte ist und ich nur noch 29 Tage habe. Ich werde mich aber sicherlich, wenn ich wieder daheim bin, durch meine Dutzende Gigabytes an Fotos kaempfen und einige online stellen. Ausfuehrlichere Geschichten gibt es auch wenn ich wieder zu Hause bin.

Viele Gruesse an alle und bis bald,

Stefan

Donnerstag, 9. April 2009

Ostern in Amritsar

Bevor es für mich nächste Woche in die letzten Uniwochen und schon in die Prüfungsvorbereitungen geht, werde ich die Ostertage in Amritsar in Panjab verbringen und mir dort den goldenen Tempel anschauen.
Wünsch Euch allen schöne Ostern.
Bis bald.
Servus.

Mittwoch, 8. April 2009

Waschtag

Aus aktuellem Anlass - gestern war ich mal wieder beim Waschen - muss ich jetzt mal erzählen, wie das hier von Statten geht.

Alle drei Wochen circa, immer dann, wenn ich in meinen Kleiderschrank schaue und dort gähnende Leere herrscht, pack ich meinen Wäschesack, geh ins Nachbargebäude auf den Balkon von anderen Studenten (dort steht die Waschmaschine) zum waschen. Die Menge meiner Wäsche entspricht etwa 3 Maschinen nach europäischem Standard. Das bedeutet, bei uns würde bei dieser Menge sowohl waschen, als auch trocknen etwa 4 bis 5 Stunden in Anspruch nehmen (laut meinem spärlichen Wissen über Waschmaschinen). Und jetzt kommt der Hit: Hier dauert alles zusammen nur 1 Stunde. Die Wäsche ist danach zwar nicht sauber, aber sie riecht wieder richtig gut nach Waschpulver. Und weiße Wäsche ist übrigens meistens nach dem Waschen dunkelweiß:-)
Jetzt die Prozessbeschreibung:

1. 2 Eimer mit Wasser auffüllen und in die Waschmaschine schütten, Waschpulver draufpudern, Wäsche dazu, Deggl druff und los. Der Waschgang dauert ca. 12 Minuten und hat etwa den gleichen Effekt wie wenn man mit einem großen Kochlöffel 10 Minuten umrühren würde, es ist aber wesentlich angenehmer zuzuschauen.

2. Nach zwölf Minuten lässt man dann das Wasser, das ein bisschen an den Yamuna River in Agra erinnert, ab. Die Soße läuft allerdings nicht direkt über ein Abwasserrohr in den Kanal, nein, ein Schlauch führt auf den gefließten Balkon, der diesen in den nächsten Minuten dann erst mal unter Wasser setzt, ehe die Brühe allmählich über ein kleines, verstopftes Loch an der Hausecke in die Regenrinne gelangt.

3. Danach nimmt man die Wäsche, steckt sie in den Trockner, der in nur 5 Minuten die Wäsche "trocknet", bzw. die Wäsche auswringt.

Toll oder. Gebügelt wird bei mir nicht. Anziehen, glatt streichen, fertig. Es besteht jedoch die Option an der nächsten Straßenecke, die Wäsche an so einem Bügelservice abzugeben. Die bügeln einem dann die Klamotten für ein paar Rupees. Ob man seine eigene Wäsche aus den riesigen Wäschebergen wieder zurückbekommt, wag ich allerdings zu bezweifeln. Die Bügelmethode ist aber wirklich aller erste Sahne und passt perfekt zum sonst so modernen Gurgaon. Die verwenden alte Bügeleisen, die sie mit glühender Holzkohle füllen und bügeln auf Steintischen. Aber das hat natürlich auch seine Vorteile. Ihr Geschäft wird dafür von den 20 Stromausfällen pro Tag in Gurgaon nicht in Mitleidenschaft gezogen.

So sieht übrigens so ein indisches Bügeleisen aus. Stylisch oder?

Dienstag, 31. März 2009

Von Kasspotzn und Spaßkotzn

Nach Langem möchte ich mal wieder ein paar Dinge aus Gurgaon berichten.

Fangen wir mit dem Guten an:

So Leute, ich muss Euch sagen, dass ab sofort jegliche Versuche, mich während Telefongesprächen mit in die Webcam gehaltenem deutschem Essen zu ärgern, absolut zwecklos sind. Ich hab jetzt nämlich eine Location namens Rockmans Beer-Island gefunden. Es handelt sich dabei um ein Restaurant im "bavarian-style", das ein Deutscher führt. Der braut hier sogar tatsächlich sein eigenes Bier und macht diesbezüglich einen ganz guten Job.


Der Besuch von Ingo und Carmen aus München war Grund genug, dort mal einzukehren um uns ein paar Schmankerl aus der Heimat einzuverleiben.
Man findet auf der Speisekarte tatsächlich Speisen wie:

- Obatzder
- Kaiserschmarrn
- Leberkäs mit Spiegelei
- Kasspotzn
- uvm.


Nur an der Aussprache des indischen Personals haperts noch ein bissl. A Obatzda wird da schnell ausgesprochen wie "oh-bates-day" und Käsespätzle in etwa wie die Wörter "Gay-the-spy-cell". Aber geschmeckt haben die Kasspotzn tatsächlich wie daheim...
Auch die Getränkekarte hat keine Wünsche offen lassen. Das selbstgebraute Weißbier war sehr gut und hat eine erstaunliche Fließkraft :-)


Kopfweh kriegt man allerdings hier in Indien ab einer bestimmten Menge auch. Kann aber auch mit meinem Trainingsrückstand zusammenhängen.
Also Ihr seht, es gibt hier doch fast nix, was es nicht gibt.
Also mal schön neue Ärgereien ausdenken lassen!!! Essen zählt nicht mehr...

Jetzt zum Negativteil:

Zwei Tage später bin ich mit einem verdammt besch... Gefühl im Magen aufgewacht und mir war klar: Shit, jetzt hat es mich auch erwischt. Erst noch über die Französinnen Späße gemacht, weil bei denen ständig eine krank ist und sie scheinbar schon eine Abokarte im Krankenhaus haben, und jetzt gehts mir also genauso. Eins muss ich jedoch vorab sagen: Die Kasspotzn waren sicher nicht schuld. Aber es musste ja irgendwann so kommen. War eh ein Wunder, dass ich es so lange ausgehalten habe. Ich lag also mit dem vollen Programm im Bett die nächsten 5 Tage. Wobei, das ist so nicht ganz richtig - am ersten Tag bin ich in erster Linie zwischen Klo und Bett gependelt. Nach 2 Tagen fast ununterbrochen in meinem "Bett", hab ich echt jeden einzelnen Knochen gespürt. Meine Matratze - bzw. Matratze ist der falsche Ausdruck - mei oreidiger Lumpen, auf dem ich jede Nacht verbringe, würde in jedem Test gegen eine 50-Cent-Aldi-Isomatte den Kürzeren ziehen. Da hab ich mich dann schon kurzzeitig nach meinem Bett mit Kaltschaummatratze gesehnt. Das Schlimmere ist aber, dass man - wenn man krank ist - nur auf eine sehr begrenzte Anzahl an Lebensmitteln Appetit hat. Daheim ist das ja einfach. Man fährt in den nächsten Supermarkt und kauft sich was man will. Nicht so in Indien. Da isst man dann statt Reis mit Soße den Reis einfach mal pur. Schon blöd, wenn man bedenkt, dass es einem ja genau auf den blöden Reis so kotzübel geworden ist... aber mei. Ich habs immerhin überlebt und hoff, ich war das erste und letzte Mal krank hier in Indien.

Donnerstag, 19. März 2009

Andaman Islands

Nachdem wir in Chennai den Roli getroffen und die ganze Nacht am Flughafen verbracht haben sind wir nach unserer Ankunft in Port Blair, der Hauptstadt der Andamanen, nach einem feudalen Frühstück mit Meerblick sofort Richtung Hafen aufgebrochen, um mit der ersten Fähre auf die 2 Stunden entfernte Insel "Havelock Island" aufzubrechen, da sich dort die Tauchbasen und Unterkünfte befinden. Havelock gehört zu den wenigen Inseln, die von Touristen betreten werden dürfen und touristisch erschlossen sind. Die Insel ist etwa 15 Kilometer lang und 5 Kilometer breit, also alles recht übersichtlich.


Die Insel besteht in erster Linie aus dichtem Dschungel mit mächtigen Urwaldriesen, Palmenwäldern und 1A-Stränden wie aus dem Katalog. Eine drei Meter breite Asphaltstraße verbindet die paar winzigen Orte. Bei der Benennung der Orte haben die Inder übrigens ihre ganze Kreativität spielen lassen. Die Orte heißen nämlich Village No. 1, Village No. 2, Village No. 3 und Village No. 4. Dieses bewährte System wurde auch gleich für die Strände angewendet. Es gibt deshalb den wunderschönen Beach No. 1, den noch wunderschöneren Beach No. 2, usw. Gleich am zweiten Tag leihten wir uns zwei Hero Hondas aus und heizten auf die andere Seite der Insel zum Beach No. 7 , der zu den schönsten Stränden Asiens zählt. Der zählt übrigens nicht nur bei den Touristen zu den schönsten Stränden. Nein, auch der indischen Army scheint dieser Strand sehr zu gefallen. Die haben doch glatt am selben Tag dort mit Hubschraubern und Kriegsschiffen irgendwelche sinnlosen Invasionsübungen gemacht. Auf einmal ist ein Kriegsschiff gestrandet, aus dem zwei Dutzend Soldaten herausstürmten und wie wild in den Dschungel gerannt sind und rumgeballert haben. Danach ist auch noch ein Hubschrauber angeflogen gekommen, der aus 20 Metern Höhe ein weiteres Dutzend Soldaten abgeseilt hat. Ein Hoch auf die indische Army.


Die darauffolgenden 6 Tage waren Roli und ich immer beim Tauchen und haben zusammen den Advanced Open Water Diver gemacht. Die Unterwasserwelt der Andamanen ist echt gigantisch und jedem Taucher nur weiterzuempfehlen. Vollkommen intakte Riffe mit gigantischen Korallenbänken und Tausenden unterschiedlichen Tieren in allen vorstellbaren Farben. Es gibt auch ein paar Spots mit Großfischgarantie, die wir jedoch leider nicht besucht haben. Die haben wir uns fürs nächste mal aufgehoben.
Gewohnt haben wir immer in sehr preiswerten Unterkünften direkt am Strand. Zuerst in einem nicht so schönen Resort in recht unterdurchschnittlichen Hütten, ehe wir nach ein paar Tagen in ein super sauberes Resort mit Bambushütten und Übernachtungspreisen um die 3 Euro gezogen sind. Von diesem Tapetenwechsel konnte jeder auf seine Weise profitieren... Details können hier leider nicht veröffentlicht werden... ;-)


Nach 9 absolut erholsamen Tagen, Tauchaction vom Feinsten, super Eindrücken und einem netten Sonnenbrand im Handgepäck sind wir am Sonntag also wieder im Großstadtdschungel angekommen, wo wir uns seit Montag wieder bei 35° Hitze durch die staubigen Straßen Gurgaons in die Uni schleppen.

Mehr Bilder??? ...hier...

Donnerstag, 26. Februar 2009

Life in Gurgaon

Es ist mal Zeit für ein kleines Update!!!

Nun sind schon wieder einige Wochen vergangen seit unserem Trip nach Rishikesh. Die letzten Wochen verbrachten wir fast ausschließlich in Gurgaon, wo ich des Öfteren die Universität aufsuche und vergeblich versuche, meinen Horizont zu erweitern.
Langweilig wurde uns jedoch keinesfalls. In der Wohnung ist inzwischen Full-House. Ich wohne seit eineinhalb Wochen mit sechs Mädels zusammen, Ina und fünf Französinnen (an dieser Stelle fangen die Zuhörer immer lauthals zum Lachen an). Aber dafür besteht der indische Freundeskreis fast ausschließlich aus Mannsbildern, was für mich den nötigen Ausgleich schafft :-). Diese beneiden mich natürlich total aufgrund meines WG-Umfeldes, klopfen mir auf die Schulter mit den Worten „Lucky Guy!“, und wollen unbedingt, dass ich den Kontakt zu den französischen Mädels herstelle. Da es in Indien nicht so üblich ist einen festen Partner zu haben, so wie wir das aus unserem Kulturkreis kennen, denken die scheinbar alle, dass europäische Mädels leicht zu haben sind… Jedenfalls verliebt sich ungefähr jeder zweite Inder unsterblich in Ina und überschüttet sie mit Liebesgedichten via SMS. Echt witzig… mehr zu Indiens Männerwelt gibts auf Inas Blog.

Zur momentanen Wohnsituation:

Nachdem wir draufgekommen sind, dass unsere Vermieter mehr als doppelt so viel für die Wohnung verlangen, als sie eigentlich wert ist, haben wir beschlossen, eine neue Bleibe zu suchen. Ein weiterer Grund ist, dass Supernanny und ihre Caretaker uns verbieten wollen, alkoholische Getränke und Nikotin zu konsumieren und andere Studenten des Hostels einzuladen. Für uns gibt es jedoch keine Gründe, unsere lustigen WG-Zusammenkünfte stillzulegen.
Die bisherigen Wohnungsbesichtigungen haben jedenfalls gezeigt, dass es Wohnungen gibt, die über drei Stockwerke und fetter Dachterrasse verfügen und dazu noch günstiger sind, als die momentane Bleibe. Ab ersten März werden wir deshalb voraussichtlich woanders hausen, sofern uns die Vermieter der jetzigen Wohnung nicht einen ordentlichen Preis vorschlagen…

Thema Ernährung:

Als ich letztens in einem Indien-Forum nach Informationen über Gurgaon gesucht habe, bin ich auf die Telefonnummer einer deutschen Frau gestoßen, die seit sieben Jahren in Gurgaon lebt und sich sehr gut auskennt. Ich wählte einfach mal ihre Nummer mit dem Ziel, sie mit Fragen zu durchlöchern. Witziger- und zufälligerweise stellte sich nach zehn Minuten heraus, dass sie die Mutter eines Unikollegen von mir ist. So klein ist die Welt. Sie bestellt jede Woche in einer deutschen Bäckerei in Delhi, was uns nun allwöchentlich ermöglicht, uns heimische Lebensmittel wie „German Bretzel“ oder „Sauerteig Bread“ einzuverleiben. Zur Butterbreze schneid ich mir dann einen frischen Radi auf und die bayerische Brotzeit ist perfekt. Um mein leibliches Wohl braucht man sich also nicht zu sorgen… Außerdem gibt es in regelmäßigen Abständen die besten Crepes, die ich je gegessen habe (made by Frenchs…). Das Thema Ernährung bringt mich direkt zum …

…Thema Krankheiten:

In unserer WG ist letzten Sonntag eine Seuche ausgebrochen. Vier von den Französinnen sind das ganze Wochenende in Delhi gewesen und haben scheinbar dubiose Kost genossen. Sie haben sich allesamt die ganze Nacht von Sonntag auf Montag im 15-Minuten-Takt übergeben. Ich glaub es muss zu echten Engpassproblemen auf den Toiletten gekommen sein… eine von ihnen mussten wir sogar am nächsten Tag ins Krankenhaus einliefern. Inzwischen sind jedoch alle wieder wohlauf. Mir hat bis heute gottseidank noch nichts gefehlt, ich hoff das bleibt so.

Thema Reisen:


Nach einer weiteren Sightseeing-Tour nach Delhi vor ein paar Tagen, wird es demnächst höchstwahrscheinlich mal nach Jaipur gehen, was nach Delhi und Agra das goldene Dreieck komplettiert. In schon einer Woche steht dann ein größerer Trip an: Es geht mit Ina und Roli aka „Der Inder“, den wir in Chennay aufgabeln, für zehn Tage auf die Andamanen im indischen Ozean, eine drei Flugtunden von Delhi entfernte Inselgruppe, die schon näher an der thailändischen Küste liegt. Die Inseln sind größtenteils noch absolut unberührt. Manche der Inseln beheimaten uralte Stämme, die sich noch heute erfolgreich mit Pfeil und Bogen gegen jegliche Eindringlinge wehren. Da werde ich mal auf einen Plausch vorbeischauen. Ansonsten haben wir eine gute Tauchbasis ausgemacht. Roli wird den Tauchschein machen und ich ein paar Tauchgänge. Wird sicher ein Hammer…

Pics von Delhi Part II

So long.

Stefan

Montag, 2. Februar 2009

Rishikesh & Shivpuri

Gestern bin ich nach dem Kurztrip nach Rishikesh und Shivpuri wieder heil in Gurgaon ange- kommen. Nach einer 5- stündigen Zugfahrt bis Haridwar sind wir am Bahnhof abgeholt und nach Shivpuri gebracht worden. Das liegt ca. 90 Minuten weiter im Dschungel am Ganges. Die Straße zu diesem Ort verläuft ca. 50 Meter über dem Ganges – ohne Leitplanken. Im Camp angekommen, hatten wir eigentlich die ein oder anderen Touristen erwartet, nachdem uns der Veranstalter gesagt hat, dass schon noch Plätze frei wären. Tatsächlich waren wir jedoch die ersten und einzigen Kunden im bisherigen Jahr, da im Januar generell wenig los ist. Ein Barkeeper, ein Koch und zwei nepalesische Rafting-Guides standen also für zwei Kunden drei Tage rund um die Uhr zur Verfügung. Nicht schlecht. Bei uns würde so etwas aufgrund mangelnder Teilnahme abgesagt werden. Doch nicht so in Indien...

Am Freitag stand noch die erste Raftingtour in einem Vierer-Boot auf dem Programm. Die meterhohen Walzen waren bombastisch… zwischen den Stromschnellen hatte man an den ruhigeren Stellen genügend Zeit den vorbeifliegenden Dschungel zu beobachten. Am Abend saßen wir mit Ram, dem nepalesischen Guide – eine supernette Bekanntschaft - am Feuer und sprachen über Gott und die Welt.

An Ausschlafen war am nächsten Tag nicht zu denken. Die lange Raftingtour stand auf dem Programm. Gewaltig!!! Super Action und idyllische Dschungelumgebung wechselten sich ständig ab. Klippenspringen war auch angesagt J. Den Rest des Tages konnte ich am weißen Strand des dort noch sehr sauberen Ganges relaxen.



Sonntag hieß es leider Abschied nehmen. Viel zu schnell ist die Zeit an diesem herrlichen Ort vergangen. Aber davor ging es noch mit dem Kajak auf Tour. Die Ausbeute dieser Kajaktour waren ca. 20 Fische (@Stephan: Klär mich doch mal auf, was das genau für Dinger sind). Stromaufwärts haben angeblich kurz davor irgendwelche Idioten illegalerweise mit Dynamit gefischt und somit schwammen etliche tote Fische auf der Wasseroberfläche. Einer der Fische landete 1 Stunde später beim Mittagessen auf dem Teller. Die restlichen 19 Fische kann sich die Camp-Crew die nächsten Tage schmecken lassen.

Am Nachmittag stand noch eine kurze Tour durch Rishikesh, eine heilige Stadt direkt am Ganges, an. Neben den Tempelanlagen sieht man hier jede Menge Rhesusaffen, Languren und Sadhus. Während die ersten beiden Affenarten sind, handelt es sich bei den Sadhus im Hinduismus um Menschen, die sich auf ständiger Wanderschaft befinden und in vollkommener Askese leben. Sie wohnen teils in Ashrams oder in abgelegenen Höhlen.



Hier gibt’s noch ein paar Bilder!

Alles in allem ein super Trip, auf dem nach langem endlich mal wieder Natur pur getankt werden konnte, der jedoch viel zu schnell vergangen ist…

Donnerstag, 29. Januar 2009

Nächster Trip

Für die nächsten drei Tage bin ich am Fuße des Himalayas in der Hauptstadt des Yogas Rishikesh. Dort werde ich in einem Camp am Ufer der Gangesquellen hausen und ein paar Raftingtouren machen. Außerdem steht Sightseeing in Rishikesh auf dem Plan. Die Bilder versprechen viel... Um 5 Uhr früh (also in 5,5 Stunden) gehts los mit dem Zug von New Delhi nach Haridwar. Bin schon voll gespannt, was mich erwartet.

Nähere Berichte gibt es nächste Woche...

Liebe Grüße aus Gurgaon

Neues aus Indien

Es wird mal wieder Zeit zu erzählen, was die letzte Woche alles vorgefallen ist.

Letzten Sonntag war es an der Zeit, eine erste Wohnungsparty mit den indischen Studienkollegen zu feiern. Eine Stunde vor Partybeginn wurde uns jedoch von Seiten der Vermieter gesagt, dass Parties hier nicht stattfinden Alkohol und Bier nicht konsumiert werden dürfen, da die Wohnung ja von der Universität vermittelt wird. Der Bacardi- und Kingfishervorrat im Kühlschrank war diesbezüglich jedoch ganz anderer Meinung und die Party fand letztendlich natürlich schon statt. War eine Riesengaudi mit den Indern und wird mit Sicherheit nicht das letzte Mal stattgefunden haben.

Einen neuen Mit- bewohner haben wir inzwischen auch schon. Er redet recht wenig und lässt sich auch recht selten blicken. Da uns gesagt wurde, dass noch ein paar französische Austauschstudenten kommen und wir nicht wussten, ob es sich hier um einen handelte, wurde er auf den Namen Franzl getauft.

Es wird inzwischen hier in Gurgaon schon ein bissl wärmer. Letztes Wochenende konnte man sogar schon auf dem Balkon frühstücken, soweit man das um 13 Uhr noch so nennen kann. Die Sonne geht allerdings schon recht früh unter. Gegen 18 Uhr wirds dann immer schon ziemlich schnell dunkel. Ein Sonnenuntergang geht hier ziemlich schnell von statten. Von noch ganz hell bis stockdunkel vergehen vielleicht gerade mal 10 bis 15 Minuten. Unten seht ihr den Sonnenuntergang, den ich jeden Tag vom Balkon aus genießen kann.


Tagsüber lädt der Balkon zwar zum Sonnentanken ein, der Ausblick bietet dann jedoch leider kein so schönes Bild. Links eine Art Wiese, die als öffentliches Klo und Mülldeponie dient, und daneben ein Slum. Dazwischen steht jedoch ein Pizzahut und ein sehr guter Inder, der sehr gutes, scharfes Essen für wenig Geld und in reichlichen Mengen liefert.

Die Uni hat inzwischen auch angefangen. Meine Kurse lauten:

--> Production and Operation Management
--> Organizational Information Management
--> Company Law and Administration (Indisches Recht - ich versteh bis jetzt noch gar nix...)
--> Product Innovation

Der Campus an sich ist ein sehr schönes Gelände und die Leute sind sehr aufgeschlossen und nett. Von den Vorlesungen hab ich mir jedoch persönlich mehr erwartet. Die Kurse laufen sehr chaotisch ab und die Vorlesungen erinnern mehr an Realschule, 8. Klasse. Nicht vom Niveau der Inhalte, sondern vielmehr bzgl. der Verhaltensweisen sowohl der Studenten, als auch der Lektoren. Da die Inhalte teilweise doch sehr anspruchsvoll sind, wäre es an der einen oder anderen Stelle doch ganz sinnvoll, etwas mitzubekommen. Zusätzlich benötigt man all seine Konzentration, um dem teilweise völlig unklaren Englisch der Inder zu folgen. Aber auch daran werde ich mich schon noch gewöhnen.

Ansonsten hab ich mich schon ganz gut eingelebt und auch herausgefunden, dass man im Notfall eh alles haben kann, was man auch daheim kriegt. Echte Barilla-Nudeln (500 g für 2,50 €) oder auch ein Glas Nutella für 4,50 € :-))) Aber das coolste: Ich hab schon Schwarzwälder Kirschtorte gefunden. Das heißt hier tatsächlich "Black Forest Cake" :-))) Das ist echt gut, denn ich hab nach drei Wochen jetzt das erste Mal einen Punkt erreicht, wo mir der Reis bissl bei den Ohren raushängt.

Ein paar Fotos zu Gurgaon gibt es hier...

Donnerstag, 22. Januar 2009

Moskito-Abwehr-System

Moskitos sind in Indien eine ziemliche Plage. Zwar noch nicht zu dieser Jahreszeit, aber schon in ein paar Wochen wird man von diesen Plagegeistern keine Ruhe mehr haben. Natürlich habe ich mich bereits vor der Abreise mit einem Mückenschutzmittel eingedeckt, mit dem ich mich bereits die ein oder andere Nacht eingecremt habe. Dieses Zeugs ist allerdings derart aggressiv, dass ich schon bei Berührung mit der Lippe Lähmungserscheinungen erlebte.
Aus diesem Grund entschloss ich, mir ein Moskitonetz für das Bett zu kaufen. Nach etwa drei Shopping Malls und 15 Läden bin ich auf dem Big Bazaar endlich fündig geworden. Der Big Bazaar ist eine Art WalMart ohne Ordnung – hier liegt die Gurke neben den DVDs und der Reis zwischen den Bettbezügen – so kann man sich das ungefähr vorstellen.
Zuhause angekommen, musste ich feststellen, dass die Installation des Moskitonetzes nicht so einfach war, sondern durchaus etwas Erfindungsvermögen verlangte. Für alle, die in die gleiche Situation kommen wie ich, hier eine kurze Anleitung, wie es funktioniert:
Man nehme:
- 1 Bett
- 1 Leukoplast
- 2 Wanderstöcke
- 2 Bandschlingen
Zuerst positioniert man sein Bett unter dem nächsten Deckenventilator. Die Wanderstöcke legt man übereinander, fixiert sie mit Leukoplast und bringt an deren Enden das Moskitonetz an. Nun fädelt man die Stöcke durch die am Deckenventilator angebrachten Bandschlingen, stopft die Enden des Moskitonetzes unter die Matratze und das Moskitoabwehrsystem ist fertig. Zu guter letzt nimmt man noch ein Stück Leukoplast und klebt es auf den Schalter des Ventilators, so dass dieser nicht mehr betätigt werden kann ;-)

Liebe Grüße
MacGyver

Detailfotos gibts hier

Dienstag, 20. Januar 2009

Uni-Alltag

Gestern um 9 hätte ich eigentlich meine erste Vorlesung gehabt. Die Uni hat das scheinbar nur nicht gewusst. Es ist nämlich keiner gekommen – welch Überraschung. Nach 45 Minuten sind wir dann mit ein paar indischen Studenten, die wir kennengelernt haben, in die Cafeteria gegangen auf einen Chai. Die zweite Vorlesung hat dann aber stattgefunden – Productions and Operations Management oder so, whatever. Die Ansprechpartnerin hat gemeint, dass wir mal einfach eine Woche bissl in die Kurse reinschnuppern und dann die gewünschten Kurse wählen sollten.
Heute ging es vor der Uni erst mal mit Super Nanny auf das Foreigner Registration Office, um meine Aufenthaltsbestätigung abzuholen. Dieses Amt ist der Horror – ein altes, völlig heruntergekommenes Haus mit unglaublich hässlichen Büros. Dort werden dann unzählige, unsinnige Formulare abgegeben, welche alle 2 bis 3 mal unterschrieben werden müssen. Auf jedes Formular muss natürlich ein Passbild aufgeklebt werden, welches allerdings nur gültig ist, wenn es wiederum unterschrieben wurde. Passbilder müssen übrigens in Indien überall abgegeben werden, wenn man einen Internetvertrag abschließt, sich eine Sim-Card kauft, in der Uni, etc. Mich wundert es, dass der Pizzahut gegenüber noch kein Passbild von mir wollte…
Aber zurück zur Uni. Nach der ersten Vorlesung am Nachmittag kamen ein paar recht nette Inder, und fragten, ob wir mit ins Kino möchten (mitten am Nachmittag!!!). Ich dachte mir: Why not. Wollte schon immer mal in Indien ins Kino gehen, da dort die Leute anscheinend so abgehen müssen. Leider lief jedoch am Nachmittag kein Film. Kurzerhand beschlossen die indischen Kollegen, dass wir ja in einen Club gehen könnten. Wir gingen um 14 Uhr Nachmittag in einen Club, den ich zu Hause normalerweise nicht vor Mitternacht betreten würde. Nach nur wenigen Minuten saß keiner mehr auf der Bank – tanzen war angesagt – juhu!!! So hampelten wir eine halbe Stunde auf der Tanzfläche auf indische Musik und sind danach wieder gefahren. Trinken durften die Inder leider nichts, da Dienstag war und dies für Hindus ein religiöser Tag ist. Ich ließ mir jedoch meinen Pina Colada schmecken. War echt witzig mit denen. Die sind überhaupt alle voll nett an der Uni. Jeden Tag wirst du von allen möglichen Studenten begrüßt und befragt. Ich hab bereits echte Probleme, mir die ganzen indischen Namen zu merken.
Ich glaub, das wird ein richtig lustiges und ereignisreiches Semester.

Trip nach Agra und Fahtepur Sikri


Letzten Freitag ging es in aller Früh mit dem Shatabdi Express zum 200 km südlich von Delhi gelegenen Agra. Zugfahren in Indien ist eine komfortable Sache, wenn man die richtige Klasse wählt. Man zahlt für diese Strecke rund 6 Euro, bekommt Essen und Getränke serviert und hat viel Beinfreiheit. In Agra angekommen trafen wir Manoj, einen super netten Kerle, der dort ein Hotel hat und Sightseeing-Guide ist. Manoj ist ein Kumpel von Raja, der uns den Kontakt herstellte. Er konnte uns vor Ort einiges zeigen und gab hilfreiche Tipps. Leider hatte am Freitag jedoch der Taj Mahal, die größte Attraktion in Agra, geschlossen. Ersatzweise ging es mit dem öffentlichen Bus für 30 Cent ins 1,5 Stunden entfernte Fahtepur Sikri, wo ein sehr gut erhaltener Königspalast aus dem Mogulreich steht. Die Fahrt dorthin war sehr abenteuerlich, ich ergatterte gerade noch einen „Sitzplatz“ auf der Karosserieabdeckung des Motorraums direkt vor der Windschutzscheibe. Fahtepur Sikri war definitiv eine Reise wert, aber ich war froh nach ca. 3 Stunden wieder in den Bus einsteigen zu können. In Fahtepur Sikri will dir ausnahmslos jeder etwas verkaufen, ich hab noch nie so hartnäckige Leute gesehen.
Erst am nächsten Tag standen der Taj Mahal, das Agra Fort und der Baby Taj Mahal auf dem Programm. Der Taj Mahal beeindruckte mich dabei wahnsinnig. Er sieht, wenn man davor steht, noch viel imposanter und größer aus als auf den Bildern. Unglaublich, was in diesem Gebäude für Arbeit stecken musste ohne Kräne, Computer und Maschinen. Das Fort von Agra hat mich wesentlich mehr beeindruckt als das in Delhi und auch der Baby Taj Mahal (eigentlich Itimat-ud-Daula), von dem sich die Erbauer des richtigen Taj Mahals inspirieren ließen, ist sehr sehenswert.

Friends


Bereits nach 4 Tagen sind für eine Woche zwei Leute aus Kalkutta in die Wohnung eingezogen, die aus beruflichen Gründen in Gurgaon waren. Raja und Babu lauten ihre durchaus passenden Spitznamen. Raja ist kleiner als ich, dafür doppelt so breit und war vor einigen Jahren Weltmeister in Karate. Raja ist ein Mann aus Stahl, der sich seinen Körper mit viel Disziplin und Verzicht auf Fitnessstudios geformt hat. Mit Push-Ups, Sit-Ups, Gin-Ups, etc. hält sich der Kerle Tag für Tag fit. Eines Morgens bin ich aufgewacht und hab im Nebenzimmer jemanden Stöhnen hören. Der anfängliche Verdacht auf irgendwelche Schweinereien wich jedoch, als mir am Gang Raja entgegen kam und sagte: „I am just doing some exercise…“ Alles klar. Er verfolgt immer noch das Ziel, den Weltrekord der meisten Liegestützen in einer Stunde zu knacken. Er schafft momentan 1000 in einer halben Stunde. Heute leitet er das größte Karate- und Yogainstitut in ganz Indien und will eine Zweigstelle in Gurgaon eröffnen. Babu, sein Kumpel, ist Karatelehrer in seinem Institut und ist ein absolut witziger Kerl, der ständig indischen, grausig riechenden Kautabak in seinem Mund hat. Er ist nach den paar Tagen nach einem Mau-Mau-Crashkurs mit Sicherheit der beste Neunerl-Spieler in Indien. Jeden Abend aufs Neue: „Stefan, do you want to play Mau-Mau with me…?“
Die beiden haben uns einen Tag nach Delhi begleitet und uns dort alles gezeigt und es war ein super Tag mit Ihnen. Die beiden sind mir echt ans Herz gewachsen und haben uns schon zu ihnen nach Kalkutta eingeladen. Raja hat vor, im August nach Europa zu kommen und ein paar Tage in Bayern vorbeizuschauen :-)

Alles anders!

Nun kann ich also auch bestätigen, dass man sich auf seinen ersten Indienbesuch nicht wirklich vorbereiten kann. Man taucht ein in eine völlig andere Welt und realisiert sehr schnell, was es mit dem in allen Reiseführern erwähnten Kulturschock auf sich hat. Es ist einfach alles anders als man es von zu Hause gewohnt ist. Teils negativ, teils positiv.

Straßenverkehr

Straßen werden egal in welcher Größe nie nur von Autos und Lastwägen benutzt so wie daheim. Da kann es auch vorkommen, dass ein paar Kühe straßen (anstatt zu grasen) oder einem ein paar Fußgänger auf der Schnellspur entgegen kommen. Wenn es schneller geht fährt man auch gerne mal in den Kreisverkehr in die falsche Richtung oder auf der Gegenfahrbahn. Grundsätzlich scheint es sich bei roten Ampeln, Einbahnstraßen und Fahrbahnlinien lediglich um eine Empfehlung zu handeln. Verkehrsregeln sind hierzulande also nicht wirklich zu erkennen. Jeder fährt kreuz und quer. Blinker, Schulterblick, Seitenspiegel oder ähnliches kommt in Indien nicht zum Einsatz. Das wichtigste Instrument ist hier die Hupe. Wer keine Hupe hat, ist auf Indiens Straßen ein Nichts.


Essen und Trinken

Tja, Essen ist so eine Sache. An Leberkas oder Weißwiaschd gibt’s hier natürlich keine. Aber unzählige leckere Reisgerichte mit netter Schärfe. In Indien isst man eigentlich mit der Hand, und zwar mit der rechten, denn das ist die reine. Die linke Hand hat im Teller nichts verloren. Tut man sich diesbezüglich bei einem Schokoriegel noch recht leicht, ist das Essen mit den Griffeln bei den unzähligen Reisgerichten schon etwas gewöhnungsbedürftig. Inzwischen esse ich aber schon wie eine Sau. Vorteil: Kein Besteck zu spülen. Nachteil: Die Soßenfarben hat man noch eine Woche später unter den Fingernägeln.

Bzgl. Getränke muss ich sagen: Die Inder machen einen sehr guten Chai (Tee), der mit Milch zubereitet wird. Bierbrauen müssen sie allerdings erst noch lernen, aber das kann man halt mal nur an einem Fleck der Welt, nämlich in Bayern. Trotzdem schlag ich mich mit der größten indischen Biersorte, dem Kingfisher, ganz gut durch.

Luft

Die Luft hier ist nicht ganz so durchsichtig wie in Bayern oder Tirol – woran das wohl liegt. Außerdem legen sich nach einem Tag in Delhi oder Agra schwarze Partikel im Naseninneren an. Erst dachte ich mir beim Schnäuzen: „Das kann doch nicht immer noch der Schnupftabak von vor einer Woche sein.“ War er natürlich nicht. Co2 statt Gletscherbrise…

Leute

Wenn man fernab der Touristenhochburgen als Europäer durch die Straße geht, hat man anfangs ein etwas beklemmendes Gefühl, da man angestarrt wird wie U-Boote. Man gewöhnt sich jedoch sehr schnell daran. Der Inder ist prinzipiell sehr aufgeschlossen, hilfsbereit und will sofort alles über einen wissen: „What´s your name?“, „Where are you from?“, „Are you married?“, „How many brothers and sisters do you have?“, etc. Die Aufgeschlossenheit der Inder macht es einem sehr leicht, schnell Anschluss zu finden.

Kosten

In Indien ist das meiste ein gutes Stück billiger als zu Hause. Eine gute Mahlzeit in einem Restaurant kann man bereits für umgerechnet 60 -70 Cent aufwärts erstehen. Essen und Trinken ist in Indien wirklich eine sehr günstige Angelegenheit. Auch Transportmittel sind äußerst günstig. Um nach Delhi und in Delhi schnell von A nach B zu kommen, haben wir zu viert ein Taxi bestellt, welches uns 8 Stunden zur Verfügung stand. Am Ende des Tages hat der Spaß insgesamt 12 Euro gekostet. Anders sieht es mit Eintrittspreisen in Sehenswürdigkeiten aus. Dort wird man als Ausländer ordentlich über den Tisch gezogen. Zahlt der Tourist, wenn er den Taj Mahal sehen will, 750 Rupees, schlägt er bei Indern mit nur 20 Rupees zu Buche. Das nenn ich mal einen Einheimischenrabatt von satten 97 %...

Armut

Das Elend, das einem auf der Straße tagtäglich begegnet ist äußerst bedrückend. Lediglich eine Minderheit der indischen Bevölkerung profitiert am Wirtschaftsboom des Landes. Der Rest lebt unter erbärmlichen Lebensbedingungen in Slums und an sämtlichen Straßenrändern in alten Baracken oder unter ein paar Planen. Nirgends auf dieser Welt habe ich jemals einen Ort gesehen, wo zwischen Arm und Reich eine derartige Kluft herrscht wie in Gurgaon. Sämtliche Großkonzerne aus aller Welt haben in Gurgaon eine Zweigstelle, die Glastürme sprießen hier aus dem Boden wie andernorts das Unkraut. Die Bevölkerungszahl nimmt hier exponentiell zu und ist von nur wenigen Tausend vor ca. 15.ooo auf heute ca. 300.000 angestiegen. Eine Shopping Mall reiht sich an die andere, viele davon vergleichbar mit den Standards westlicher Großstädte. Verlässt man diese über die stets frisch polierten Marmorfliesen in den Eingangsbereichen und geht ein paar Meter, erlebt man jedoch elendige Verhältnisse.